Eine Baurechnung aus dem Jahre 1711

Im Jahre 1711 wurde diese Kirche umfangreich instandgesetzt.[1] Davon erfahren wir durch eine Baukostenrechnung, die sich im Archiv des Pfarramtes findet. Sie wurde durch den damaligen Schulmeister Johann Frantz Probst aufgestellt und weist eine Baukostensumme in Höhe von 147 Reichsthalern und 25 Albus („Silbergroschen“) aus. Es muss sich also fast um einen Neubau gehandelt haben. Aufschlussreich daran ist das Ausmaß der verschiedenen Gewerke. So wird der größte Betrag in Höhe von etwa 25 Thalern an die Zimmerleute und Holzschneider gezahlt, während die Maurer nur etwa 3 ½ Thaler erhalten für „Verschiedene Maurerarbeit und neuen Altar die Kirche zu pflastern“.

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 Ansicht des Chors (um 1910)
 Vermutlich wurde das gesamte Fachwerk erneuert. Eine Berechnung des Holzes fehlt zwar, aber dieses wurde sicher von den Einwohnern im eigenen Wald geschlagen und herbeigeschafft.[2] Der Schreiner von Alt-Wildungen erhielt 17 ½ Thaler für Arbeiten und Dielen, verschiedene Schreiner bekamen zusammen 12 Thaler für die Fenster, die Maler und Weißbinder etwa 14 Thaler. Die örtlichen Schmiede Johannes Schuchard und Damian Schöneweiss wurden für Schmiede- und Schlosserarbeiten mit 8 1/3 Thalern bezahlt. Sie müssen also eine Menge Nägel, Bänder und Krampen gemacht haben. Die Dachziegeln wurden von Meister Adam Laubach in Urff geliefert. Jedoch scheint man bei der Eindeckung Selbsthilfe geleistet zu haben. Denn den hiesigen Schulkindern spendierte man Wecke für ¼ Thaler. Sie hatten geholfen, die Ziegel auf das Dach zu tragen. Der Drechsler war billig: „vor 8 Knöbf auf die Borkirche“ erhielt er 1/3 Thaler. Dieser Posten in der Abrechnung ist der einzige aber eindeutige Hinweis, dass die Kirche im Inneren eine Empore hatte. (Den älteren Einwohnern ist noch der Ausdruck „die Borleibe“ bekannt.)

Vermutlich ist damals die Inneneinrichtung nahezu vollständig erneuert worden, mindestens ein Teil der Bänke, der Altar und die Kanzel, „....wie auch die 2 Engel und den (Kanzel-) Deckel“.

Das Geld für den Umbau hat die Gemeinde sich u.a. durch eine Kollekte bei den umliegenden Gemeinden beschafft. Drei „Collektanten“, nämlich der Schulmeister Joh. Frantz Probst, der Einwohner Conrad Ruhrarend (er wohnte im alten Albracht’schen Haus in der Korngasse) und ein Peter Schleiermacher von Nieder-Wildungen wurden mit Empfehlungsschreiben der Waldeckischen Kanzlei in Mengeringhausen ausgestattet, die sie als berechtigte Kollektanten der Gemeinde Wellen auswiesen. - Das Exemplar für Conrad Ruhrarend ist im Pfarrei-Archiv erhalten und wird bei anderer Gelegenheit vorgestellt. - Diese Aktion brachte der Gemeinde einen Gesamtertrag von über 92 Thalern.

 


[1]Es bestehen hier einige Ungereimtheiten. Varnhagen berichte in seinen Manuskripten über Wellen von einer Instandsetzung der Kirche imJahre 1746. Es sind keine Gründe bekannt, derentwegen bereits nach 35 Jahren wieder eine gründliche Renovierung notwendig wurde. Es muss sich eher um die oben erwähnten Arbeiten gehandelt haben. -Ohnehin ist diese überholung, die eher einem Neubau gleichkommt, zweihundert Jahre nach der Wiedererrichtung von 1510 verwunderlich. - Auch die Nachricht von der Baufälligkeit in der Mitte des 19.Jahrhunderts ist erstaunlich, will man nicht auf ein besonderes Ereignis oder auf eine nachlässige Bauausführung bei der vorhandenen Substanz schließen.

[2] Es könnte sich um einen Beitrag des Patronatsherrn, des Grafen von Bergheim handeln. Das Patronatsrecht ist etwa um die gleiche Zeit in Kraft getreten. Sollte diese große Instandsetzung des Jahres 1711 vielleicht eine Art „Einstand“ für die neu errichtete Beziehung sein?